Ziele knapp verfehlt und trotzdem ein Erfolg?
Niklas Ruf,
Der erste österreichische Social Impact Bond ist nach drei Jahren offiziell abgeschlossen worden. Da eines der gesetzten Ziele nicht erreicht wurde, muss die Öffentliche Hand die vorab vereinbarte Zielprämie nicht auszahlen. Gleichzeitig hat sie angekündigt, das Projekt weiter zu fördern und in den öffentlichen Regelbetrieb zu überführen. Ist das SIB-Projekt somit gescheitert? Oder doch ein Erfolg? Aus unserer Sicht ein klarer Erfolg.

Kurz vor dem Jahreswechsel 2018/19 wurde das 3-jährige SIB-Projekt offiziell abgeschlossen. Das vorrangige Ziel war, von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder zu unterstützen und ihnen durch Vermittlung in Beschäftigung ein eigenständiges Leben außerhalb der Gewaltsituation zu ermöglichen. Damit verbunden war die Vorgabe, für mindestens 75 jener Frauen ein „existenzsicherndes“ Gehalt zu erzielen, das heißt ein Gehalt oberhalb einer vordefinierten Einkommenshöhe. Insgesamt wurden im SIB-Projekt über 300 Frauen mit ihren Kindern betreut. 182 Frauen konnten auf den 1. Arbeitsmarkt vermittelt werden und 29 auf den 2. Arbeitsmarkt. Und 16 Frauen konnten eine Ausbildung beginnen. Ein existenzsicherndes Einkommen konnte allerdings nicht für die geforderte Mindestanzahl an Frauen erreicht werden. Damit wurde ein zentrales Ziel des SIB-Projektes nicht vollständig erfüllt und es entfällt die Verpflichtung der Öffentlichen Hand, die vorab durch gemeinnützige Stiftungen geleistete Finanzierung zurückzuzahlen.

Ist das Social Impact Bond-Projekt somit insgesamt gescheitert? Aus unserer Sicht auf keinen Fall. Und zwar aus folgenden Gründen:

  • Für deutlich mehr Frauen als erwartet konnte durch die Kombination aus intensiver psychosozialer Betreuung und begleitender Arbeitsvermittlung ein eigenständiges Leben außerhalb der Gewaltsituation ermöglicht werden. Auch wenn nicht für alle der Frauen die vorgegebene Höhe des Einkommens erzielt werden konnte, kann ein Großteil der Frauen nun für sich und ihre Kinder sorgen und muss nicht aufgrund wirtschaftlicher Abhängigkeit in die Gewaltsituation zurückkehren.

  • Die sozialen Dienstleister waren über die gesamte Projektlaufzeit sicher finanziert und konnten ein passgenaues Angebot für von Gewalt betroffene Frauen aufbauen und auf deren konkreten Bedarfe ausrichten.

  • Die gemeinnützigen Vorfinanzierer haben ihr Geld im Sinne einer „besseren Spende“ eingesetzt. Sie erhalten nun zwar ihre Mittel nicht zurück, haben dafür aber ein bestens evaluiertes und nachweislich wirksames Projekt unterstützt. Sie haben zudem einen neuartigen Projektansatz finanziert, der wertvolle Erkenntnisse in Bezug auf eine erfolgreiche Arbeit mit der ausgewählten Zielgruppe gebracht hat.

  • Und zu guter Letzt hat die Öffentliche Hand durch die Initiierung des SIB-Projektes die Möglichkeit erhalten, einen zielorientierten Lösungsansatz für ein soziales Problem zu erproben und dabei eine Lücke in der bestehenden Angebotslandschaft zu schließen.

Da die Ziele nicht vollständig erreicht wurden, muss das österreichische Sozialministerium nun keine Mittel für das SIB-Projekt aufwenden. Ein Hauptmerkmal eines SIB, dass öffentliche Gelder ausschließlich bei Erreichen der vereinbarten Ziele eingesetzt werden, bleibt damit gewahrt.

Unabhängig von der formalen Zielerreichung bewertet das Ministerium das Projekt auf Basis der erzielten Ergebnisse und der gewonnenen Erkenntnisse jedoch als beachtlichen Erfolg und hat entschieden, das Angebot für ein Jahr weiter zu fördern und es in den öffentlichen Regelbetrieb zu überführen. Die entsprechende Presseaussendung mit weiteren Details zum Projektabschluss findet sich hier.

Auch wenn wir als Intermediärin dieses Social Impact Bonds gemeinsam mit den beteiligten Partnern alles dafür getan haben, um die Zielvorgaben zu erreichen, ist für uns mit der Entscheidung des Sozialministeriums ein wichtiges und über das konkrete SIB-Pilotprojekt hinausgehende Ziel erreicht: Durch die Umsetzung zielorientierter Fördermodelle das Wissen über das Potenzial von Hilfsangeboten zu vertiefen und auf dieser Basis die Angebote zu verbessern und auszubauen. Damit mit den vorhandenen öffentlichen Mitteln so vielen Menschen so gut wie möglich geholfen werden kann.

Aus diesem Grund sind wir der Meinung: Das österreichische SIB-Projekt ist ein Erfolg.

Unsere grundsätzlichen Überlegungen zu Erfolg oder Misserfolg eines SIB-Projektes finden sich in diesem Blogpost.

Weitere Informationen zu den Ergebnissen des österreichischen SIB-Projektes veröffentlichen wir auf unserem Blog, sobald die entsprechenden Dokumente verfügbar sind.

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