Wie geht Pro bono?
Ute Volz, Skalierung,
Eleven lernt jeden Tag dazu. Die unter dem Dach von eleven angesiedelten Organisationen tauschen sich regelmäßig beim „Insulanertreffen“ aus. Thema im August war „Pro bono“.

Zwei anerkannte Fachleute auf dem Gebiet der Pro-bono-Unterstützung nahmen sich der Erfahrungen an, die Organisationen wie Chancenwerk oder Rock Your Life! gemacht haben. Sandra Meyer ist als Juristin bei proboneo tätig, einem Sozialunternehmen, das sich um die Vermittlung und Begleitung von Pro-bono-Projekten in Deutschland kümmert. Armin Pialék bearbeitet als Projektmanager bei der BMW Stiftung Herbert Quandt unter anderem das Thema „Pro bono“. Sie beide sagen: Wo Aufgaben von gesamtgesellschaftlicher Relevanz anstehen, jedoch die Mittel knapp sind, stellt die Unterstützung durch unentgeltliche Leistungen einen bedeutenden Beitrag dar, von dem alle profitieren. Soziale Organisationen sollen die Expertise qualifizierter externer Dienstleister in Anspruch nehmen können. Sie sollten die gleichen Voraussetzungen und Mittel haben wie Unternehmen.

Dabei gäbe es jedoch Do’s und Don’ts zu beachten. Die US-amerikanische Taproot Foundation, aktivste Treiberin in Sachen Pro bono weltweit, hat ein Briefing erstellt, das nachweislich zum Erfolg führt. Es enthält fünf einfache Grundsätze*:

  1. Kennen und definieren Sie die Bedürfnisse Ihrer Organisation!
  2. Finden Sie die passenden Ressourcen!
  3. Setzen Sie realistische Fristen!
  4. Agieren Sie wie ein bezahlender Kunde!
  5. Lernen Sie voneinander!

Die gute Nachricht: An diesen Maßstäben gemessen, haben fast alle Organisationen bei eleven bereits positive Erfahrungen gesammelt. Recht, Kommunikation und Strategie waren dabei die meist genannten Themenfelder. Pro bono-Leistungen werden außerdem in den Bereichen Finanzen, IT und Personal angeboten – und auch eingefordert.

Je konkreter der Bedarf dabei definiert wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, einen Treffer zu landen und ein gemeinsames Projekt zu starten. Am Beispiel „Fundraising“ erläuterte Pialék, was hiermit gemeint ist. Soziale Organisationen gehen oft mit einer ungenauen Vorstellungen auf die Suche nach gutgestimmten Beratern. Da heißt es dann: „Unterstützungsbedarf im Fundraising“. Erst eine detaillierte Erörterung der Gründe, warum bisherige Fundraisingbemühungen nicht erfolgreich waren, befördert den tatsächlichen Bedarf zu Tage. Und der liegt oft in einem ganz anderen Bereich als zunächst vermutet. Mit dem nötigen Fokus fällt also die Suche nach einem passenden Unterstützer leichter – ob mit Hilfe eines Vermittlers wie proboneo oder in direkter Akquise. Ganz ungekünstelt hat Rock Your Life! die Sache angepackt: „Einfach mal nach pro bono fragen“, so der Tipp.

Organisation und Fachkraft haben sich gefunden – was nun? Zwei unterschiedliche Welten prallen aufeinander, sie müssen erst Vertrauen aufbauen und eine gemeinsame Sprache finden. Beide Welten müssen bereit sein, sich zu öffnen und aufeinander zuzugehen. Mithilfe von Auftragsklärung und gemeinsamem Erwartungsmanagement wird das Projekt auf stabile Füße gestellt. Ziel ist eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe, damit die Beteiligten voneinander lernen. Denn darum geht es schließlich: Organisation und Experte sollten beide von pro bono profitieren. Die soziale Organisation bekommt unentgeltlich eine Leistung, auf die sie sonst hätte verzichten müssen. Die Fachkraft erhält Einblick in ein bisher unbekanntes soziales Handlungsfeld und erfährt Anerkennung und Wertschätzung für sein Engagement. Tatsächlich enden manche pro bono-Einsätze sogar damit, dass der „Art-Fremde“ auf den Geschmack des „Jobs mit Bedeutung“ kommt und in den sozialen Sektor wechselt.

Sandra Meyer destillierte drei Erfolgsfaktoren aus ihren Erfahrungen und fragte auch nach der Beurteilung eines abgeschlossenen Projekts. Nach „Fokus“ und „Lernen“ ist „Rhythmus“ das dritte relevante Prinzip, das sie vorstellte. Pro bono-Projekte sollten genauso professionell strukturiert werden wie jedes andere Projekt. Ein Kick-Off, Meilensteine mit klar definierten Zwischenzielen und ein explizit festgeschriebener und erlebter – bestensfalls sogar gefeierter! – Abschluss sollten auch hier zum Planungsminimum gehören. Erst nach einer gemeinsamen Auswertung beim Abschlussgespräch ist das Projekt wirklich beendet. Wann gilt ein Projekt als erfolgreich? Wenn die vereinbarte Leistung fristgerecht beendet wurde, wenn die Projektergebnisse auch tatsächlich in der Organisation eingesetzt werden und wenn die engagierten Fachkräfte ihre Leistungen nach dem Projekt weiterhin pro bono anbieten. So das Optimum laut Taproot Foundation.

Klingt das erstrebenswert? Ja, sehr. Aber sind die sozialen Organisationen in Deutschland schon bereit für pro bono? Sie sind es. Wenn sie sich und ihre Mission ernst nehmen, wenn sie sich den „Fremden“ gegenüber bestmöglich öffnen und wenn sie sich als vollgültigen und kompetenten Auftraggeber verstehen und sich entsprechend verhalten – auch wenn der Dienstleister seine Expertise umsonst anbietet. Wenn alles passt, kann pro bono ein wichtiger Baustein sozialen Handelns sein.

(*) Taproot Foundation (Hrsg.): „Powered by Pro Bono: The Nonprofit’s Step-by-Step Guide to Scoping, Securing, Managing, and Scaling Pro Bono Resources“, San Francisco, Jossey-Bass/Wiley 2012

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