Partnering – Was, wer, wann und wie überhaupt?
Ute Volz, Wirksamkeit,
Für viele Organisationen im sozialen Sektor sind Partnerschaften etwas Alltägliches. Selbstläufer sind Partnerschaften aber nie. Im Gegenteil, sie machen Arbeit. Wie können sie gelingen?

Und wann lohnen sie sich? Unsere Gastautorin Sarah Ulrich untersucht Möglichkeiten und Risiken von Partnerschaften und benennt, was zu beachten ist, damit eine Partnerschaft diese Bezeichnung überhaupt verdient und von nachhaltigem Nutzen für alle Beteiligten ist.

Partnering – Was, wer, wann und wie überhaupt?
von Sarah Ulrich

In der Zivilgesellschaft sind wir recht freigiebig mit der Bezeichnung „Partner“. Sobald uns eine Druckerei günstige Rabatte auf einen Flyer gibt, ist sie unser Media-Partner. Haben wir uns mit einer Organisation zum Austausch über vergleichbare Herausforderungen getroffen, wird sie zum Kooperationspartner. Förderer, unabhängig davon, ob sie lediglich Geld oder auch inhaltlichen Anspruch einbringen, erhalten den Titel Engagement-Partner. Denn ist „Partnerschaft“ nicht etwas durch und durch Positives und Wünschenswertes? Ja. Und Nein. So einfach, wie wir es uns manchmal machen, ist es nicht.

Richtige Partnerschaften sind eine komplexe Angelegenheit. Sie fußen auf Prinzipien wie Gleichwürdigkeit, Augenhöhe, Respekt, gegenseitiger Wertschätzung, Transparenz, Aufrichtigkeit, gegenseitiger Unterstützung und gemeinsamer Wertschöpfung. Partnerschaften, die diesen Prinzipien entsprechen, zu etablieren und zu pflegen, bedeutet einen nicht zu unterschätzenden Aufwand. In der Regel bedarf es nicht nur Beziehungspflege, sondern gewisser formaler Regelungen, also regelrechter Verträge, um eine funktionierende Partnerschaft zu initiieren, zu betreiben und schließlich auch wieder zu beenden, wenn sie ihren Zweck erfüllt hat.

Kooperative Partnerschaften?
Was also passiert, wenn sich zwei oder mehr Parteien zusammentun wollen, um co-kreativ und durch das Zusammenlegen von spezifischen Ressourcen und Kompetenzen gemeinsam etwas hervorzubringen? – Denken wir zum Beispiel an eine Partnerschaft zwischen einem Unternehmen und einer NPO (vgl. hier auch Blogbeitrag vom 22.02.2017) zum Zweck der Umsetzung eines gemeinwohlförderlichen Programms. Finden wir hier Gleichwürdigkeit? Eher selten. Das Unternehmen mag die Non-Profit-Organisation als unorganisiert oder sogar unprofessionell ansehen, als notorische Idealisten, ohne Sinn für Effizienz oder hinreichende Effektivität. Die Mitarbeiter der NPO hingegen könnte im Unternehmen eher den „Goldesel“ sehen, der möglichst nur den finanziellen Part beitragen soll, sich aber nicht in die Inhalte einzumischen hat, weil seine Benchmarks sich ohnehin bloß an Output, nicht aber an Outcome orientieren. Auf dieser Grundlage können weder Augenhöhe noch Respekt entstehen. Die NPO wird womöglich in ihrer Kommunikation dem Unternehmen gegenüber intransparent, da sie befürchtet, dessen Output-Benchmarks nicht einhalten zu können und entsprechend als noch unprofessioneller zu gelten. Das Unternehmen entzieht die Unterstützung, da es sich nicht ernstgenommen fühlt, sobald es um inhaltliche Einmischung geht. Schließlich sind sich beide Partner über die Zielsetzung der Zusammenarbeit so uneins, dass keine gemeinsame Wertschöpfung erzielt werden kann.

Mehrwert und Risiken echter Partnerschaften
Das soll jedoch nicht heißen, dass kooperative (auch intersektorale) Partnerschaften nicht funktionieren oder keinen Mehrwert bringen. In einer guten, gesunden Partnerschaft lassen sich zum Beispiel die gegenseitigen Netzwerke nutzen, es lassen sich spezifische Erfahrungen austauschen, gemeinsame Reflexionen führen zu neuen Denkanstößen. Eine echte Partnerschaft ist ein Stützpfeiler für Nachhaltigkeit, da es zu einem gemeinsamen Wertschöpfungsverständnis zählt, nicht bloß ein Strohfeuer zu entfachen. Sie ist auch ein Katalysator für Innovation, weil die Kombination spezifischer Ressourcen womöglich Lösungen hervorbringt, die durch die einzelnen Parteien nicht realisierbar gewesen wären. In einer guten Partnerschaft haben beide Partner Raum, voneinander zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Außerdem führt die Kooperation optimalerweise für alle beteiligten Parteien zu einem Reputationsgewinn.

Auf der anderen Seite sind – auch in Partnerschaften, die zunächst gut funktionieren – gewisse Risiken zu beachten. Bei einer engen Kooperation können die organisationalen Grenzen hin und wieder verwischen, dann drohen Autonomieverlust und Verlust der eigenen „DNA“. Es kann zu Interessenskonflikten kommen, die, sofern sie unlösbar sind, die gesamte Kooperation und das daran geknüpfte Projekt zum Scheitern bringen können. Kritisch kann auch die Überlastung von zeitlichen und materiellen Ressourcen sein – der Koordinationsaufwand, um eine Partnerschaft gelingend zu gestalten, sollte nämlich auf beiden Seiten nicht unterschätzt werden. In selteneren Fällen geht eine vermeintlich negative Reputation von einem Partner auf den anderen über.

Um die Risiken zu minimieren, empfiehlt sich im Vorfeld eine Sorgfaltsprüfung:

Hat der (voraussichtliche) Partner…
… einen guten Ruf (in seinem eigenen Sektor und in anderen Sektoren)?
… eine passende Erfolgs- und Erfahrungsgeschichte?
… ein Netzwerk und Kontakte, die er zu teilen bereit ist?
… Zugang zu relevanten Informationen, Erfahrungen und Ressourcen?
… komplementäre Kompetenzen?
… ein gutes Management und eine gute Führungskultur?
… (finanzielle) Stabilität und Verlässlichkeit?
… einen verlässlichen, guten Mitarbeiterstab?

Diese Fragen sind im Übrigen auch relevant, um herauszufinden, ob man selbst ein guter Partner ist.

Formale Kriterien einer gelingenden Partnerschaft
Beim Ausformen der Partnerschaft tragen einige formale Aspekte wesentlich zum Gelingen einer Partnerschaft bei. Die sieben wichtigsten werden hier genannt. Auf bestimmte Soft-Skills auf Ebene der Beteiligten, wie etwa Bauchgefühl, Menschenkenntnis, Beziehungsfähigkeit, kritisches Denken und persönliches Engagement, kommt es natürlich ebenso an.

Gute Basis durch gemeinsame Wirkungslogik
Für eine Partnerschaft ist es schließlich hilfreich, wenn ein gemeinsames Verständnis von Wirkungsorientierung und womöglich eine gemeinsame und differenziert ausformulierte Wirkungslogik (Input, Output, Outcome, Impact) vorliegt, welche direkt zu Beginn die Parameter eines erfolgreichen, partnerschaftlich realisierten Projekts festlegt und somit als gemeinsame Benchmark gelten kann. Herausforderung ist dabei, dass die Wertschöpfungs-Logiken bei intersektoralen Partnerschaften auseinandergehen können. Während einer zivilgesellschaftlichen Organisation beispielsweise die Ermöglichung von Teilhabe als Leitgedanke gilt, ist ein Unternehmen womöglich von einer eher profitorientierten Logik geleitet. Die Logik des Partners zu adaptieren, ist nicht sinnvoll. Vielmehr sollte das gemeinsame Anliegen die Handlungslogik vorgeben. Auch das ist Teil eines vorgeschalteten Einigungsprozesses.

Mittels einer gemeinsam erstellten Wirkungslogik lässt sich gut eine Vereinbarungsgrundlage schaffen. Die Leitfragen hierbei sind:

Das Ende einer Partnerschaft
Ros Tennyson von The Partnering Initiative (UK) fasst sinnvoll zusammen: „Ein schlechtes Ende garantiert, dass das, was vorher zusammen geschaffen wurde – ganz gleich, wie gut – ernsthaft mies gemacht wird!“
Daher sollte es bereits zu Beginn der Partnerschaft „Exit-Kriterien“ und Vereinbarungen über das sogenannte „natürliche Ende“ (nach Erreichung aller Ziele) geben. Ein würdiger, gerne feierlicher und in allen Fällen gut (intern und extern) kommunizierter Abschluss – zum Beispiel in Form eines Abschlussberichts – ist ein essenzieller Teil der Partnerschaft.

Partnering-Broker
Da eine Partnerschaft, insbesondere, wenn sie mehr als zwei Parteien umfasst, einen hohen Koordinationsaufwand erfordert, ist es häufig sinnvoll, mit einem unabhängigen „Partnering-Broker“ zusammenzuarbeiten. Diese Person kann als Moderator den Prozess begleiten, etwa das Erstellen einer Wirkungslogik oder das Formulieren einer Partnering-Vereinbarung nach oben genannten Kriterien. Dieser kann aber übrigens auch damit beauftragt werden, nach geeigneten Partnern zu suchen und Partnerschaften anzubahnen.

Die Diplompsychologin Sarah Ulrich verantwortet im Rahmen ihrer Fachstelle Wirkungsorientierung bei EDUCATION Y organisationsübergreifend die Themenfelder Wirkungsplanung, Wirkungsentwicklung und Wirkungsanalyse in beratender und ausführender Funktion. Erkenntnisse und Ergebnisse ihrer Arbeit teilt sie in Fachvorträgen und Publikationen mit Akteuren des sozialen Sektors und der Zivilgesellschaft. Zusätzlich berät Sarah zum Themenkomplex Wirkungsorientierung auf freiberuflicher Basis.

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