Vom Erfolg oder Scheitern eines Social Impact Bonds
Niklas Ruf,
Eine aktuelle Nachricht bewegt seit einigen Tagen die Gemüter, zumindest die Gemüter der Social Impact Bond Community: Der 2012 initiierte erste Social Impact Bond (SIB) in den USA steht vor dem Aus. Der Grund hierfür ist so einfach wie folgerichtig: Die für einen Social Impact Bond maßgebliche Wirksamkeit der durchgeführten Maßnahmen konnte durch die beauftragte unabhängige Evaluation nicht nachgewiesen werden. Das Programm wird somit Ende August 2015 (und damit deutlich früher als ursprünglich – für Ende 2016 – vorgesehen) beendet.

So weit so gut. Oder etwa doch nicht?

Ganz so eindeutig ist die Angelegenheit nicht, wie ein Blick in diverse Online-Veröffentlichungen zum Thema zeigt. In Zusammenhang mit der Beendigung des New Yorker SIB wird gewissermaßen die Gretchenfrage in Bezug auf Social Impact Bonds gestellt: Ist der SIB in New York gescheitert? Und falls ja: Was macht das Scheitern eines SIB aus?

So argumentiert beispielsweise die Financial Times aus Sicht der geldgebenden Vorfinanzierer (auch Investoren genannt) und stellt fest: Durch die Beendigung des NY SIB verlieren die Investoren ihr eingesetztes Kapital. Dadurch wird ein grundlegender Fehler in der Beschreibung von Social Impact Bonds deutlich. Ein SIB darf nicht als Bond im Wortsinn, d.h. als eine klassische Anleihe, beschrieben werden, sondern muss nach den aktuellen Erfahrungen eindeutig als eine Hochrisiko-Beteiligung verstanden werden, die stets die Gefahr eines Scheiterns mit sich bringt. Von einem wie auch immer gearteten positiven Ausgang des SIB kann somit nicht die Rede sein.

Die kanadische National Union of Public and General Employees (NUPGE) wird noch deutlicher und titelt in einem Statement: First U.S. Social Impact Bond fails (Erster US-amerikanischer Social Impact Bond scheitert). Hier wird vor allem argumentiert, dass die Grundidee aller erfolgsorientierten Projektansätze (pay for success) – erfolgreiche Projektarbeit zeigt sich in der Erreichung vorab festgelegter Zielvorgaben – fehlerhaft ist. Gute Arbeit lässt sich nach Meinung der NUPGE grundsätzlich nicht in das enge Korsett vorab definierter Ziele zwängen, da es (zu) viele (Erfolgs-)Faktoren gibt, die sich einem quantitativen Ziele-Katalog entziehen. Zudem wird herausgestellt, dass die Vorfinanzierer das gesamte Risiko bezüglich Kapitalverlust selbst tragen sollten, damit öffentliche Mittel – gemäß der Grundidee eines SIB – nur bei nachweislicher Zielerreichung eingesetzt werden. Durch eine Ausfall-Bürgschaft einer gemeinnützigen (und somit steuerbefreiten) Stiftung wurde jene Grundidee im New York SIB jedoch konterkariert: Trotz Nicht-Erreichung der definierten Ziele werden jetzt doch Steuermittel eingesetzt. NUPGE konstatiert somit ein Scheitern auf ganzer Linie in Bezug auf das Thema Social Impact Bonds (der Beitrag findet sich hier).

Es gibt aber auch eine andere Sichtweise. In einem Artikel der Online-Zeitung Huffington Post wird etwa die Position vertreten, dass die Beendigung des NY SIB ein Erfolg sei, da die Öffentliche Hand nun nicht für eine Maßnahme bezahlen muss, die nachweislich nicht wirksam ist. Entscheidend für einen SIB ist demnach nicht die Zielerreichung am Ende der Projektlaufzeit, sondern die klare Fokussierung auf eine erwünschte und messbare Wirkung (der Beitrag findet sich hier).

Wir von Juvat schließen uns dieser Grundhaltung an: Ein Social Impact Bond kann – sobald er initiiert ist – nicht scheitern. Denn selbst wenn die vereinbarten Projektziele, wie im Falle des SIB in New York nun nachgewiesen, verfehlt werden, ist das übergeordnete Ziel „Beanspruchung öffentlicher Mittel nur bei nachgewiesenem Projekterfolg“ immer erreicht. Die Veränderung der bestehenden Förderlogik auf Seiten der Öffentlichen Hand – von einer reinen Prozessorientierung hin zu einer Ziel- oder Wirkungsorientierung – sollte somit der entscheidende Faktor bei der Beurteilung eines Social Impact Bonds sein.

Aber auch die Vorfinanzierer können, vor allem wenn sie wie im ersten deutschen SIB gemeinnützig organisiert sind, nicht scheitern. Denn: Die Vorfinanzierung wird bei Nichterreichen der Projektziele, wie bei jeder Spende zuvor, als einmalige Förderung verbucht – mit dem Vorteil gegenüber traditioneller Förderung, dass die Wirksamkeit der geförderten Maßnahmen von unabhängiger Seite umfassend evaluiert ist. Die Forderung der Financial Times, die Vorfinanzierung eines SIB als Hochrisiko-Unterfangen zu definieren, trifft somit voll und ganz zu – und ist gerade dadurch ein Argument, einen Social Impact Bond nicht einseitig als Investment-Produkt zu verstehen.

Auch die angeführte Kritik am Einsatz von Steuermitteln trotz Nicht-Erreichung der vereinbarten Ziele ist natürlich berechtigt. Der SIB in New York war in dieser Hinsicht unglücklich strukturiert. Dies widerspricht jedoch nicht der Tatsache, dass es grundsätzlich zu begrüßen ist, wenn gemeinnützige Organisationen ihre Mittel im Rahmen eines öffentlichen Auftrages und für eindeutig messbare Ziele verwenden, anstatt wie so oft Projekte zu fördern, für die keinerlei Nachweis einer Wirksamkeit (oder eben Nicht-Wirksamkeit) vorliegt.

Vielleicht geht es bei der Bewertung der Beendigung des New Yorker SIB in erster Linie um die Perspektive. Unsere Perspektive ist die des Steuerzahlers, also der Öffentlichen Hand. Und da ist der Befund eindeutig: Wenn öffentliche Mittel nur dann ausgegeben werden, wenn Maßnahmen erfolgreich sind, ist das immer zu begrüßen. Genauso wie es immer zu begrüßen ist, wenn keine öffentlichen Mittel ausgegeben werden, falls vereinbarte Ziele verfehlt werden. Die Schlussfolgerung hieraus ist dann ebenso eindeutig: Ein Social Impact Bond kann nicht scheitern.

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