Uns geht es wohl zu gut
Stefan Shaw,
Mit der breiten Einführung von Social Impact Bonds, insbesondere in England und USA sowie Pilotprojekten in vielen weiteren Ländern, unter anderem auch in Deutschland, liegt ein neues Modell für die Finanzierung sozialer Projekte vor. Auf den ersten Blick wirkt das neue Modell unschlagbar attraktiv. Auf den zweiten Blick ist es das auch.

Die gegenwärtige Förderpraxis in Deutschland lässt sich so zusammenfassen: Die öffentliche Hand finanziert eine vorher bewilligte Maßnahme, wenn diese ordnungsgemäß durchgeführt wird. Die Förderlogik des Social Impact Bonds ist eine andere: Hier bezahlt (statt finanziert) die öffentliche Hand eine Maßnahme nur dann, wenn der Erfolg der Maßnahme nachgewiesen ist. Die Vorfinanzierung der Maßnahme übernimmt ein gemeinnütziger Förderer, der im Erfolgsfall seine Mittel zurückerhält – statt diese, wie in der gemeinnützigen Förderung sonst üblich, als Spende zu verlieren. Alle profitieren: Der gemeinnützige Förderer kann mehrfach fördern. Die öffentliche Hand zahlt nur bei Erfolg und kann damit ihre Mittel wirksamer einsetzen als je zuvor.

Da Social Impact Bonds von ihrem Wesen her eine wirksame Mittelverwendung garantieren, stehen Kommunen und Länder Schlange, um diese für die international bereits erprobten Anwendungsfelder einzuführen. Denkt man. Ist aber nicht so. Es gibt vereinzelte Interessensbekundungen; aber sollte sich ein Interessent einmal umdrehen, sähe er sich alleine. Niemand steht an.

Auf den ersten Blick ist das erstaunlich. Auf den zweiten ist es das nicht. Denn die Einführung des Konzepts Social Impact Bond koinzidiert in Deutschland mit einer selten rosigen Haushaltslage der öffentlichen Hand. Auf Bundesebene ist der Haushalt ausgeglichen und auch auf Landes- und Kommunalebene deutlich entspannter als noch vor wenigen Jahren. Auch wenn der gesunde Menschenverstand gebietet, dass man sich in Zeiten des Aufschwungs auf den unweigerlichen Abschwung vorbereiten sollte, lehrt die Erfahrung, dass es akuter Krisen bedarf, damit Verwaltungsapparate sich auf die Erprobung neuer Lösungen einlassen. Als Beispiel blicke man einfach auf die Entstehung seinerzeit neuartiger Public Private Partnerships zurück. Auch hier war die akute Krise der öffentlichen Haushalte der Ausgangspunkt. Kein guter Ausgangspunkt leider, weil der Bewegungsspielraum für erfolgreiche Verhandlungen sehr eingeschränkt ist, wenn man mit dem Rücken zur Wand steht.

Was bedeutet dies für die Einführung von Social Impact Bonds in Deutschland? Es wird wohl noch etwas dauern, denn vielleicht geht es uns einfach zu gut. Uns – das sind die öffentlichen Haushalte. Uns – das sind jedoch nicht Menschen in sozialen Problemlagen, die weiterhin auf Anbieter und Maßnahmen stoßen, deren Existenzrecht sich allein aus ihrer ordnungsgemäßen Durchführung ableitet, nicht jedoch daraus, ob sie tatsächlich wirken. Die Menschen in sozialen Problemlagen sollen also bitte geduldig sein, bis es uns allen wieder so schlecht geht wie ihnen heute schon.

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