Eine schwere Geburt – Lehren aus dem ersten Social Impact Bond in Deutschland
Stefan Shaw, Kommentar,
Der erste deutsche Social Impact Bond ist abgeschlossen. Die vereinbarten Ziele wurden erreicht. Die Darlehen der Förderer werden zurückgezahlt. Alles gut?

Nicht ganz. Es war ziemlich anstrengend und ganz schön knapp. Um künftigen Social Impact Bonds das Entstehen und das Überleben zu erleichtern, sollen andere von unseren Fehlern lernen können. Hier unsere wesentlichen Lehren aus der bisherigen Anbahnung, Verhandlung und Durchführung von Social Impact Bonds:

1. Nenne Dein Kind beim Namen
Nicht wirklich überraschend, aber in den Auswirkungen dann doch unangenehm: Die öffentliche Kommunikation unseres ersten Social Impact Bonds hinkte dem Projektstart um Monate hinterher. Viele Projektteilnehmer waren hierdurch verunsichert und in ihrer Arbeit behindert. Voraussetzung für einen gelingenden SIB ist daher, dass alle Beteiligten einschließlich der Öffentlichen Hand von Beginn an öffentlich kommunizieren können, dass sie einen Social Impact Bond umsetzen. Nenne Dein Kind beim Namen.

2. Der Weg ist Teil des Ziels
Es brauchte sehr viel – zu viel – Zeit, um gemeinsam mit den Projektpartnern vor Ort herauszufinden, wer was umsetzen sollte, um die vorgegebenen Ziele zu erreichen. Dabei haben wir zu spät verstanden, dass wir diesen Prozess nicht den Partnern überlassen dürfen, sondern aktiv anleiten müssen. Für eine erfolgreiche Kooperation der Projektpartner innerhalb eines SIB ist eine eindeutige Verantwortungsregelung und eine klare Führung nötig. Der Weg ist Teil des Ziels.

3. Erfolgskontrolle ersetzt Prozesskontrolle
Auch das nicht wirklich überraschend: Im Rahmen des Projektverlaufes drohte unser erster SIB wiederholt in alte Fahrwasser zu geraten. Statt ausschließlich darauf zu fokussieren, ob die Ziele erreicht werden, geriet das traditionelle „wie“ der Zielerreichung immer wieder ins Visier. Ein Social Impact Bond kann jedoch nur funktionieren, wenn eine Erfolgskontrolle verbindlich vereinbart wird, die dann die Prozesskontrolle ersetzt – statt sie nur zu ergänzen. Gelingt dies nicht, haben die Projektpartner eines SIB die doppelte Arbeit, statt wie bisher ohne Erfolgskontrolle lediglich ihre Belege in Ordnung halten zu müssen. Erfolgskontrolle ersetzt Prozesskontrolle.

4. Erfolg hat Abstufungen
Im Rahmen der Zielvorgaben des Social Impact Bonds war eine digitale Zielhürde definiert worden, die nur in Gänze überquert (= volle Zahlung) oder in Gänze gerissen (= keine Zahlung) werden konnte. Es braucht jedoch Abstufungen bei der Bemessung der Zielerreichung, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass innerhalb eines SIB jeder einzelne Erfolg zählt. Wenn beispielsweise das Ziel, 100 Menschen wirksam zu erreichen, zur Folge hat, dass die Öffentliche Hand 100% der Fördersumme zurück zahlt, dann sollte das wirksame Erreichen von 90 Menschen nicht zu einem Totalausfall führen, sondern dazu, dass 90% der Fördersumme zurückgezahlt wird. Erfolg hat Abstufungen.

5. Bleibe pragmatisch
Eine zentrale Herausforderung in jedem SIB ist, vor Projektstart eindeutige, messbare Zielkriterien festzulegen – und dies so präzise wie möglich. Unsere Erfahrung zeigt jedoch, dass es nicht möglich ist, die Dokumentation der Zielkriterien so eindeutig festzulegen, dass während der operativen Projektlaufzeit nicht doch noch Detailfragen auftauchen. Hier hilft dann – wie überall im Leben – Pragmatismus. Devise muss sein, den vorher festgelegten Zielen ebenso gerecht zu werden wie der Tatsache, dass die Dokumentation der Zielerreichung möglichst wenige Ressourcen der Projektpartner vor Ort binden sollte. Denn die Projektpartner sollten nur eine zentrale Aufgabe haben: so wirksam wie möglich mit der Zielgruppe zu arbeiten. Bleibe pragmatisch.

6. Erfolg braucht Zeit
Unser erster Social Impact Bond hatte für die vorgegebene Zielsetzung eine – sehr kurze – operative Laufzeit von 2 Jahren und 4 Monaten. In dieser Zeit das Projekt auf- und im Anschluss erfolgreich umzusetzen, war nur mit immensem Aufwand möglich. Der knappe Ausgang des Social Impact Bonds war somit auch dem Umstand geschuldet, dass die Projektlaufzeit sehr kurz bemessen war und zudem für eines der Hauptziele des SIB – Vermittlung in Ausbildung – einen ungünstigen Startpunkt hatte. Entscheidend für den Erfolg eines SIB sollte jedoch nicht sein, dass der Erfolg möglichst bald einsetzt, sondern dass er überhaupt einsetzt und dann nachhaltig ist. Die Festlegung des Zeitrahmens eines SIB sollte sich daher im Kern immer an der Hauptzielsetzung und der zu erreichenden Zielgruppe orientieren. Erfolg braucht Zeit.

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