Wenn keiner gewinnt, verlieren alle
Stefan Shaw, Philip Scherenberg, Kommentar,
Warum bin ich Unternehmer? In einem funktionierenden Markt, den die unsichtbare Hand lenkt (die sich vielleicht sogar ein bisschen durch eine sozialstaatliche Intelligenz helfen lässt), sind die individuellen Ziele unternehmerischer Tätigkeit vielfältig. Der Unternehmer muss sich aber auch die Frage gefallen lassen: ob er überhaupt Unternehmer ist. Um vom Finanzamt anerkannt zu werden, muss er mindestens seine Gewinnerzielungsabsicht nachweisen.

Bleibt der engagierte Irgendwas-Macher diese Absicht dauerhaft schuldig, wird seine Unternehmung eine Liebhaberei und als solche aus steuerrechtlicher Sicht ein Problem. Was den Betreffenden sonst so antreibt, ist seine Privatsache.

Nicht so im Bereich des „Sozialen Unternehmertums“. Dort wird die Gewinnerzielung durch einen öffentlich sichtbaren Zweck ersetzt. In den meisten Sozialunternehmen ist es verpönt, an Euro-Gewinne auch nur zu denken. Denn wo bliebe denn das „Soziale“ aus dem „Sozialen Unternehmertum“, wenn der Unternehmer mit seinem sozialen Zweck auch ganz egoistische, ja womöglich private Ziele wie ein angemessenes Einkommen, Vermögensaufbau oder Altersvorsorge verfolgte? Entscheidet der Unternehmer gar, sich mit seinem sozialunternehmerischen Elan unter den schützenden Mantel der Gemeinnützigkeit zu begeben, muss man hierüber gar nicht mehr nachdenken, denn jetzt sind Gewinne schlichtweg verboten.

Wozu führt das in der Praxis? Ein engagierter Sozialunternehmer hat einen schwerwiegenden sozialen Mangel im System entdeckt und sich hierfür eine faszinierend einfache Lösung überlegt. Nach wenigen Monaten hat er bereits hunderte von Stunden investiert, um seine multiplen Kofinanzierungs-Organe richtig einzuordnen und schlussendlich überhaupt erst einmal einen vorlagefähigen Antrag zur Bewilligung einzureichen. Der sehnsüchtig erwartete positive Bescheid ermöglicht ihm die Konstruktion einer Zwischenfinanzierung. Die Kapitalkosten trägt er selbst.

Unser Sozialunternehmer kennt keinen Schmerz – ihm ist sein Anliegen so wichtig, dass er selbst ins Risiko geht, um seine soziale Innovation umzusetzen. Gelingt ihm das nicht im exakt vorhergesagten und durch den Bescheid bewilligten Maße, haftet er. Hat unser Unternehmer Erfolg, werden seine Kosten nach Beleg erstattet. Seine Kosten. Eine Unternehmerrendite, die ihn für seine Aufbauarbeit und sein Risiko entschädigen würde, ist grundsätzlich ausgeschlossen.

So verhindert die Förderlogik des sozialen Sektors konsequent die Entwicklung von Innovationen. Denn Innovationen müssen scheitern dürfen, um gelingen zu können. Das Scheitern eines bewilligten Projektes zöge jedoch unweigerlich den finanziellen Tod des Sozialunternehmers nach sich, da gegen die hier generierten Verluste keine „Gewinne“ aus erfolgreichen Projekten verrechnet werden können. Warum nicht? Eben weil es keine Gewinne geben darf.

Gemeinnützigkeit und öffentliche Förderlogik bilden so eine nahezu uneinnehmbare Festung, die den Status Quo schützt. Innovationen müssen leider draußen bleiben.

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